Ganz besonderer Besuch fand sich am Montagvormittag (27.1.) an der Dülmener Viktor-Kirche ein: Anlässlich des jährlichen Holocaust-Gedenktages und am 75. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz legten drei Schüler der Klasse 8 b der Hermann-Leeser-Schule unweit der Sakristei weiße Rosen ab. Der exakte Ort der Ehrung sollte der  „Stolperstein“ am Grundstück Bült 1 sein, wo bis 1938 die Eheleute Louis und Jenny Pins mit Tochter Johanna lebten. Da aber diese Gedenkmarke momentan abgebaut ist, legten die jungen Leute ihre Blumen direkt auf das gerade freigelegte Fundament des Hauses Pins.

Die Dülmener Viktorkirche war  bis 1945 im östlichen und südlichen Bereich von einer relativ kleinteiligen Wohnbebauung umgeben. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges wurden die verbliebenen Ruinen eingeebnet, die Fundament- und Mauerreste der Kellergeschosse blieben teilweise in der Erde. Die Parzelle des Hauses Pins (vor 1945: Kirchplatz 8) wurde später Teil der Außenfläche des St.-Anna-Kindergartens. Im Herbst 2007 wurden auf dem hier entlanglaufenden Fußweg drei „Stolpersteine“ zur Erinnerung an die Familie Pins verlegt.

Louis Pins, geb. 1874, war der Vorsteher der jüdischen Gemeinde Dülmens. In der Pogromnacht am 9./10. November 1938 wurde auch die Familie Pins bedrängt und die Wohnung demoliert; Louis Pins war zeitweise inhaftiert. Noch Ende 1938 verkaufte Louis Pins sein Haus für 25.000,- RM an die Kirchengemeinde St. Viktor, die allerdings die Immobilie 1939 der Stadt für die Einrichtung eines Heimathauses überlassen musste.  Im Frühjahr 1939 begab sich Louis Pins nach Hamburg, um dort die Ausreise seiner Familie vorzubereiten. Dort wurde er unter dem Vorwurf des „Devisenschmuggels“ verhaftet und verstarb, vermutlich nach Misshandlungen, am 12. Juni 1939 in Gestapo-Haft. Seiner Frau Jenny und Stieftochter Johanna gelang dann am 24. Dezember 1940 doch noch die Ausreise nach Uruguay.

„75 Jahre nach der Befreiung der NS-Vernichtungslager und in Zeiten neuer antisemitischer Umtriebe ist es nur wünschenswert, dass der bescheidene Rest des einstigen Privateigentums eines Repräsentanten jüdischen Lebens in Dülmen nicht nur materiell im Erdboden erhalten, sondern auch als begehbarer Erinnerungsort  ins öffentliche Bewusstsein gebracht wird“, findet Pfarrer Markus Trautmann, der die Jugendlichen begrüßte.