Bücher

Auf jüdische Spuren
in der Stadtbücherei

„Im Übrigen, mein Sohn, lass dich warnen!“, so beendet der alttestamentliche Weise Kohelet das gleichnamige Werk: „Es nimmt kein Ende mit dem vielen Bücherschreiben, und viel Studieren ermüdet den Leib.“ (Koh 12,12) Gleichwohl erfreuen sich Buchläden und Büchereien nach wie vor großer Beliebtheit: Nicht zuletzt in Zeiten der Corona-Einschränkungen griffen viele Menschen verstärkt zu Büchern. Ein kleiner Rundgang durch die Dülmener Stadtbücherei nennt zehn hier vertretene jüdische Autorinnen und Autoren.

Marcel_Reich-Ranicki

 

Marcel Reich wurde 1920 im polnischen Wloclawek geboren und starb 2013 in Frankfurt. Er galt als der einflussreichste deutsche Literaturkritiker der Gegenwart. 

Aufgewachsen in einer jüdischen deutsch-polnischen Mittelstandsfamilie, kam Reich-Ranicki als Schüler nach Berlin. Von hier wurde die Familie 1938 wieder nach Polen abgeschoben. Als Überlebender des Warschauer Ghettos – die Eltern und einige Geschwister wurden Opfer des Holocaust – kam Reich-Ranicki 1958 mit seiner Frau in die Bundesrepublik. Bis 1973 war er Literaturkritiker für die Wochenzeitung „Die Zeit“, dann leitete er die Literaturredaktion der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Einem größeren Publikum wurde der „Literaturpapst“ durch das „Literarische Quartett“ im ZDF bekannt, das er von 1988 bis 2001 leitete; hier entfaltete sich eine lebhafte und kontroverse Diskussionskultur mit hohem Unterhaltungswert. Seine rigorosen und heftigen Urteile über literarische Werke bzw. deren Autoren fanden Außenstehende mitunter amüsant, waren in der Fachwelt aber nicht unumstritten. – Am 27. Januar 2012 war Reich-Ranicki Gastredner im Bundestag in der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus. 

1999 legte Reich-Ranicki seine Autobiografie vor: Darin stellt er zu Beginn fest, dass er „kein eigenes Land, keine Heimat und kein Vaterland“ habe; seine Heimat sei im Letzten die Literatur gewesen. Die 2009 erfolgte Verfilmung von „Mein Leben“ kann als DVD in der Dülmener Stadtbücherei entliehen werden. 

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