Dülmener Innenstadt vor 1939; Haus Pins farbig markiert / © Stadtarchiv Dülmen

Im Zuge der Errichtung des Dülmener Intergenerativen Zentrums "einsA" bzw. des Familienzentrums St. Anna wurden Fundamentreste bzw. Kellerwände vom Hause Pins wieder freigelegt. Damit entstand die Idee vom archäologischen Fenster und eine intensive Auseinandersetzung mit dem Leben und Schicksal der Familie Pins, die hier am Kirchplatz 8 wohnte, hat begonnen.

Durch das Internet konnten wir einige neue Erkenntnisse erlangen, wie z. B. das Auffinden der Grabstätte von Louis Pins in Hamburg. Wir haben Kontakte zu Freunden der Familie in Uruguay und Israel knüpfen können, die uns über Jenny und Johanna Auskunft geben konnten.
Doch das berührendste Dokument ist wohl das Verhörprotokoll von Louis Pins.

  • Adressbuch Dortmund: Jenny war bis zu ihrer Hochzeit mit Louis als Haushälterin in Dortmund tätig. Die im Adressbuch angegebene Anschrift stimmt mit der Anschrift auf der Heiratsurkunde überein.
  • urugayische Einwanderliste: Jenny und Johanna gingen in der nordspanischen Hafenstadt Bilbao an Bord des spanischen Passagierschiffs "Cabo de Buena Esperanza"; Ankunft in Montevideo am 8. Februar 1941
  • Eintragung im Gedenkbuch für Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945 im Bundesarchiv
    • Louis Pins stirbt am 12. Juni 1939 in Hamburg-Fuhlsbüttel
  • Zeitung "Aufbau" (sämtliche Ausgaben befinden sich im Leo-Baeck-Institut, New York)
    • Todesanzeige von Jenny Pins, † 24. Mai 1946; daraus ergab sich der Name des Ehemannes von Johanna: Herbert Seelig
  • jewishgen.org (weltweite Datenbank über Juden)
    • Friedhöfe und Grabnummern von Jenny, Herbert - und somit auch von Johanna - und Louis
  • ancestry.com (Stammbaum-Datenbank)
    • Sterbeurkunde von Louis Pins; darin als Todesursache verzeichnet: Tod durch Erhängen, Selbstmord
  • deutschsprachige evangelische Gemeinde in Montevideo
    • Kontakt zur jüdischen Gemeinde NCI; der Vorsteher hat die Gräber von Jenny, Johanna und Herbert für uns fotografiert
    • Kontakt zu einer deutschsprachigen Jüdin, deren Eltern aus Deutschland stammen. Diese vermittelt uns einen Kontakt zu einer ehemaligen Nachbarin und entfernten Verwandten von Jenny und Johanna; jetzt wohnhaft in Israel
  • Stadtarchiv Dülmen
    • Rechnung an Louis für die Abrissarbeiten der Synagogenruine am 5. Dezember 1938
    • Laut Akte wohnten Jenny und Johanna zumindest am 20. Januar in der von-Papen-Straße 19 (Borkener Straße) bei den Geschwistern Wolff; Umzug dorthin am 30. Juni 1939
    • Johanna besuchte ab 1912 die Volksschule und ab 1919 die Höhere Mädchenschule
    • Eigentum von Louis Pins: Weideflächen am Mühlenweg (heute Hl-Geis-Stift), am Bült, in der Kirchgasse, Weideland am Kuhlenkamp
    • Der Hausrat der Familie war bis 1943 als Umzugsgut in Münster in Schiffscontainern eingelagert. Dann erfolgte eine Verteilung an die Ausgebombten; der weitere Verbleib ist nicht bekannt.
  • Staatsarchiv Hamburg
    • Verhörprotokoll Louis Pins 
    • Wiedergutmachungsakte von Johanna Seelig

 

DZ ArtikelÜber diese neuen Erkenntnisse haben wir im Dezember 2020 ein Gespräch mit Kristina Kerstan von der Dülmener Zeitung geführt.
Die daraus entstandenen Artikel dürfen wir hier mit freundlicher Genehmigung der Dülmener Zeitung veröffentlichen.

Das letzte Verhör des Louis Pins, DZ 19. Dezember 2020

Von Tante Atta und ihren Kinderbüchern, DZ 24. Dezember 2020