Ulrich Lüke würdigt Papst Benedikt. 

Der aus Dülmen stammende Theologieprofessor Ulrich Lüke hat am Neujahrstag im WDR5-Radio in der Rubrik „Das geistliche Wort“ das Wirken des verstorbenen früheren Papstes Benedikt XV. gewürdigt. In seinem ausgewogenen und wertschätzenden Beitrag geht Lüke auch auf die Anwürfe gegen den deutschen Papst ein, nach denen dieser gegenüber dem Judentum Geringschätzung empfunden und letztlich einem überkommenden Anti-Judaismus angehangen habe.  

„… Es gab auch kirchenpolitische Auseinandersetzungen in der und mit der Theologie von Joseph Ratzinger und Benedikt XVI. Hatte der Professor in den sechziger Jahren heftig gefochten für die Erneuerung der Liturgie nach Maßgabe des Konzils in der Landessprache, so hatte der Kurienkardinal und Papst Entscheidendes dafür getan, die vorkonziliare lateinische Liturgie wieder zu reetablieren. Ja, er wollte der Einheit dienen und die weitere Abspaltung der katholischen Traditionalisten durch ein liturgisches Entgegenkommen und durch die Wiederaufnahme ihrer vier Bischöfe verhindern. Ihm allerdings aus seiner unglücklichen Formulierung der Karfreitagsfürbitte, wo um die Erleuchtung der Juden gebet wird, und aus der voreiligen Wiederaufnahme von Bischof Williamson, der sich als Holocaust-Leugner entpuppte, einen Antijudaismus anhängen zu wollen, ist nicht anständig. Auch als Kanzlerin Angela Merkel den Papst ermahnte, sich deutlicher von den Holocaustleugnern zu distanzieren, war dies höchst unglücklich.

Als Leiter der Glaubenskongregation beschrieb Ratzinger das Verhältnis von Judentum und Christentum aus seiner auf Christus ausgerichteten Theologie so: ‚Als Christen sind wir davon überzeugt, dass das Alte Testament inwendig auf Christus hin ausgerichtet ist, und dass es seine eigentliche Antwort, seine ganze Zielrichtung erst findet, wenn es von Christus her gelesen wird. Das Christentum ist ja keine andere Religion gegenüber der Religion Israels, sondern es ist das mit Christus neu gelesene Alte Testament.‘

Ohne die bleibende Sendung Israels, oder die Bedeutung des Alten Testaments, oder die Tatsache, dass Jesus Jude war, zu bestreiten, sah er, als Dogmatiker, doch gerade in Jesus Christus das Verbindende wie auch das Unterscheidende zwischen Judentum und Christentum: ‚Das Neue Testament ist also nicht etwas Aufgepfropftes. Und unser Verhältnis zum Alten Testament besteht auch nicht darin, dass wir uns sozusagen widerrechtlich etwas, was eigentlich anderen gehört, aneignen. Sondern es besteht darin, dass da wirklich ein inneres Unterwegssein da ist und das Alte Testament ein unfertiges Fragment bleibt, wenn es nicht ins Neue übergeht. Das ist unsere christliche Grundüberzeugung.‘…

(Quelle: WDR 5 Mediathek)

 

kleines Foto: Von Mark Bray - https://www.flickr.com/photos/braydawg/4715789222/, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48269505
großes Foto: Pfarrer Markus Trautmann überreicht dem Papst das Buch „Vom Papst den Kindern erzählt“, Sommer 2006